Dolmetscher brauchen mehr Ausbildung

Im April 2009 nahm ich an der Gerichtsverhandlung in einem Verwaltungsgericht teil, bei der ein Dolmetscher zugegen war. Die Tatsache, dass das Gericht selbst den Dolmetscher gestellt hatte, ist sehr zu begrüßen und zeugt von der tiefen Einsicht, dass nicht jeder, der mit deutschen Ämtern, Behörden und Institutionen in Berührung kommt, automatisch in der Lage ist, sich der deutschen Amtssprache so zu bedienen, dass er sich verständlich machen kann.

Allerdings war die Qualität der Übersetzung errschreckend. Und das lag nicht allein an dem Dolmetscher. Er soll seit mehr als 10 Jahren mit dem Gericht zusammenarbeiten und wurde sogar für mehrere Sprachen eingesetzt. Sicher mag er seine Muttersprache sehr gut beherrschen. Das war auch so ziemlich das einzige, mit was er zurecht kam. Selbst Namensbegriffe und Titel von Personen, die nicht deutschen Ursprungs waren, sowie Bezeichnungen von Institutionen und Organisationen konnte er dem Gericht nicht in genügendem Umfang vermitteln.

Damit ist nicht er der primäre Anlaufpunkt der Kritik. Es ist die haarsträubende Ignoranz der Anforderungen an einen Dolmetscher. Die meisten würden sich wohl nie auf einen Zahnarztstuhl setzen, wenn sie wüßten, dass der (oder die) Behandelnde keine medizinische Ausbildung durchlaufen und entsprechende Prüfungen abgelegt hat, die ihn berechtigen, sich als Arzt zu bezeichnen.

Beim Dolmetschen reicht es jedoch aus, wenn einem Vertrauen geschenkt wird und dass man in einer Sprache kommunizieren kann, die der andere nicht oder nur mangelhaft versteht. Eine Überprüfung der Fertigkeiten im Einsatz von Dolmetschtechniken wird meist ignoriert.

Eventuell naturgegebene Fähigkeiten oder frühzeitig und durch bestimmte sozio-kulturelle Bedingungen geschaffene Fertigkeiten, zwei oder mehrere Sprachen zu sprechen, qualifizieren einen Dolmetscher nicht automatisch. So sollte jemand nach mehr als 10 Jahren auch nicht mehr gegen grundlegende Regeln beim Dolmetschen verstoßen, um so mehr, wenn dies vor Gericht geschieht.

Hier sollte eine Behörde bzw. Verwaltung – in der es ganz besonders um Gleichbehandlung geht – Sorge tragen, dass auch einen Dolmetscher objektiver arbeiten kann, indem nämlich eine entsprechende obligatorische Schulung erfolgt, wenn nicht bereits durch ein Studium eine entsprechende Ausbildung erworben wurde. Nur so können die den neuesten linguistischen Erkenntnisse, sowie das aktuelle sozi-kulturelle Umfeld der jeweiligen Sprache berücksichtigt werden.

Es schmerzt, wenn bereits Zweifel an der Eignung des Dolmetschers vor der Verhandlung laut werden, und im Nachgang dann auch noch festzustellen ist, dass seine eigenen Defizite – die er nicht selbst zu verantworten hat – durch die Beeinflussung des Menschen auszumerzen versucht, über den vor Gericht verhandelt wird. Das würde er (oder auch sie, denn auch Frauen sind vor solchen schwerwiegenden Fehlern nicht sicher) sicher nicht so unbedacht versuchen, wenn er sich bewußt wäre, dabei gegen grundsätzliche Regeln bei der Vermittlung von sprachlichen Inhalten zu verstoßen.

Es bleibt zu wünschen, dass unsere Verwaltungsbehörden reagieren und auch für Dolmetscher und Übersetzer grundsätzliche Qualifizierung und Weiterbildung zur Pflicht machen. Und ich meine hier im Rahmen von Translationslinguistik und Übersetzungstechniken sowie im Rahmen des Berufskodex für Dolmetscher und Übersetzer.